Holzwurm verabschiedet sich:
Begasung der Kath. Kirche in Spitz an der Donau / Niederösterreich
Bis zum Jahr 1504 war das heutige niederösterreichische Spitz an der Donau Teil des bayrischen Staatsverbandes. Ein Teil des Marktwappens deutet heute noch darauf hin. Der untere Teil des Wappens ist in den Österreich-Farben „Rot-Weiß-Rot“ gehalten. Der weiße Wappenteil ist in Form eines Spitzes ausgebildet und symbolisiert den Ortsnamen. Die Kath. Kirche des Ortes liegt mitten auf dem Marktplatz und ist dem Heiligen Mauritius geweiht. Der Hochaltar aus dem Ende des 17. Jahrhunderts wurde 1718 aus Niederaltaich transferiert. Das Altarbild „Marter des hl. Mauritius“ ist von 1799, während die Kanzel mit bekrönender Figur des hl. Mauritius aus dem 18. Jahrhundert stammt. Nagekäfer (Anobium punctatum) haben der gesamten hölzernen Ausstattung schwere „Holzwurmschäden“ zugefügt.
Innenraumansicht zum Chor Hochaltar Emporebrüstung
Bohrmehl unter den Kirchenbänken Holzteile stark zerstört Nagekäfer (Holzwurm)
Der Holzwurmbefall wurde seit 2011 über 6 Jahre hinweg von Dr. Gerhard Binker verfolgt und hatte sich zunehmend verstärkt, so dass nunmehr eine Begasung seitens der kath. Pfarre an die Fa. Binker Materialschutz GmbH beauftragt wurde.
INFOBOX zum HOLZWURM: Nach mehreren Wachstumszyklen verpuppt sich die ausgewachsene Larve in einer kleinen Puppenwiege zum Käfer. Die Ausfluglöcher im Holz sind kreisrund und haben einen Durchmesser von 1-2 mm. Nach der Metamorphose schlüpfen die flugfähigen Käfer und es findet die Paarung der geschlechtsreifen Käfer statt, die sich mittels Pheromonen (Stegobinon) finden. Nach erfolgter Befruchtung legt das Nagekäfer-Weibchen die Eier mittels einer Legeröhre ab. Der Zyklus beginnt von neuem. Die Larve benötigt zur Entwicklung ca. 2-3 Jahre, bei ungünstigen Bedingungen bis zu 6-8 Jahre und länger. Die Weibchen legen die Eier ortstreu oft in das Holz, aus dem sie selbst geschlüpft sind. Der Gewöhnliche Nagekäfer verwertet die Zellulose im Holz und kann deshalb Holz „jeden Alters“, also auch jahrhundertealtes Holz befallen. Besonders Hölzer in Kirchen und Museumsgegenstände in Depots, aber auch Kellerhölzer und nicht zu warme Holzdachstühle sind seine Nahrung, da er sich bei 18-22 °C besonders gut entwickelt. |
Zur Begasung mussten zunächst die Zugangstüren, Kirchenfenster und sonstige Öffnungen unter der Regie von Begasungsleiter Uwe Rascher sorgfältig mit Spezialfolie abgedichtet werden, bevor ein Dichtigkeitstest die hohe Qualität der Abdichtung bestätigte. Dann konnte das Begasungsmittel Sulfuryldifluorid in die Kirche eingeleitet werden.
Um den Kunstwerken keinen Korrosionsschaden zuzufügen, wurde das Begasungsmittel vor dem Einleiten in die Kirche im marktrechtlich geschützten Altarion® Viklean®-Verfahren noch intensivst gereinigt, um den strengen Vorgaben des Österreichischen Bundesdenkmalamtes zu entsprechen.
Aus Sicherheitsgründen wurde der Sicherheitsbereich um die gesamte Kirche gemäß Österreichischer Begasungssicherheitsverordnung abtrassiert und zuletzt beschildert.
(siehe https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20004308)
Nach mehrtägiger Überwachung der begasten Kirche während der Gaseinwirkzeit konnte die Kirche vollständig belüftet sowie rückstands- und gasfrei zum Wiederbetreten freigegeben werden.
Die Kirche erstrahlt jetzt wieder oberhalb der Donau und ihre Kunstwerke aus Holz sind endlich „Holzwurm-frei“.
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